Der Stellenmarkt ist unfair. Start-ups geben sich hip & cool. Sie duzen einfach. Doch wie schaffen es etablierte Firmen, mit Stellenanzeigen Talente zu überzeugen? Und das inkludierend & diskriminierungsfrei, korrekt gegendert & passend zur eigenen Firmenkultur.
Vor längerem hat der Journalist Johannes Klostermeier für die Computer-Woche mit mir ein Interview zum Telefonverhalten im Service Desk geführt. Mich zitierend hat er es
„Sie können einen Hund zur Freundlichkeit nicht prügeln.“
betitelt. Es ist am 30.5.2011 in der deutschen Computerwoche erschienen. Das war so einprägsam, dass er sich jetzt wieder mit einer Anfrage an mich gewandt hat: Diesmal für einen Beitrag im Kaiser + Kraft Executive – Das Magazin für Entscheider über die Attraktivität als Arbeitgeber für junge Talente. Tipps für einen ansprechenden Auftritt UND politisch korrekte Sprache – auch unter Berücksichtigung der offiziellen Anerkennung des 3. Geschlechts, das man offiziell mit divers bezeichne.
Hier meine wesentlichen Aussagen auf die Frage
„Wie formuliere ich eine Anzeige, damit wir auf dem Stellenmarkt attraktiv sind?“
Das ist allerding erst die dritte Frage. Die erste Frage ist: Wer sind wir? Wofür stehen wir? Man muss sich greifbar machen, damit die anderen mich begreifen können. Die 2. Frage ist: Welche Menschen wollen wir ansprechen? Wer passt zu uns?
Unternehmen bewerben sich um ihr Vertrauen. Damit die anderen mir vertrauen können, muss ich mich greifbar machen. Das gilt für Unternehmen und Bewerber:innen. Es bringt nichts, wenn ein Unternehmen, das eine traditionelle Unternehmenskultur hat, sich verbiegt, um junge Menschen anzusprechen. Die sind dann total enttäuscht.
Es geht nicht um die beste, sondern um eine stimmige Lösung. Es geht um die Corporate Identity. Das Unternehmen muss sich klar darüber sein: Wer sind wir? Vielfalt braucht Einzigartigkeit.
Die Unternehmen brauchen Reflektion, um herauszufinden, wer sie sind. Was zeichnet mich aus? Was charakterisiert mich? Rückmeldung können die geben, die erst relativ kurz im Unternehmen sind. Wenn es Menschen gibt, die das Unternehmen verlassen haben und dann wieder zurückkommen, kann man sie fragen, was sich ihrer Meinung nach geändert hat.
Ich war lange in der Ingenieurs-Ausbildung tätig, dort wollte man mehr Frauen ansprechen. Dann haben sich mehr Frauen beworben. Die Strukturen waren aber nicht so, dass sie sich willkommen gefühlt haben. So hat man für Enttäuschung gesorgt und das Gegenteil bewirkt. Jede Kommunikation nach außen ist ja Erwartungsmanagement. Wenn die Erwartungen nicht zu dem passen, was man dann vorfindet, dann produziert man Enttäuschungen.
Und wie funktioniert die Anrede, sodass man alle 3 Geschlechter adressiert?
Zu schreiben ist es relativ einfach: Am besten „Studierende“ oder „Teilnehmende“ oder Interessierte oder Bewerbende oder wir suchen Menschen, die. Das heißt wirklich offen oder „Absolvent:innen“ oder „Mitarbeiter:innen“ etc. Im Gegensatz zum Binnen-I, das noch mehr vermittelt weiblich oder männlich meint das „*“ auch das 3. Geschlecht. Im individuellen Gespräch werden diverse Menschen ohne Herr/Frau nur mit Vornamen und Nachnamen angesprochen. Bei einem Vortrag können Sie satt dem diskriminierenden und auch etwas altmodischen „Sehr geehrte Damen und Herren …“ die Anwesenden, die Festgäste, die Mitfeiernden oder alle, die gekommen sind … begrüßen.