Christoph Wirl, Herausgeber des Magazins TRAiNiNG, hat mit einigen Expert:innen – so auch mir – ein Interview zum Thema Motivation geführt. Sehr gerne bin ich der Einladung gefolgt.

Fühle mich auch dazu auch sehr berufen: Die Mitarbeiter:in in der Unfallambulanz konnte es kaum glauben, dass ich mir bei einem Freudentanz in der Arbeitszeit mein Kreuzband gerissen habe. Für sie war es unvorstellbar, Arbeitszeit lustvoll zu erleben. Ich bin zu tiefst dankbar, dass ich meine Berufung gefunden habe und in Freude Menschen bestärken & inspirieren darf.

Übrigens: Die Gutachter von der Unfallkrankenanstalt haben mir bestätigt, dass bei einer Autorin des Buches „leistungsstark & lebensfroh“ ein Freudentanz als Arbeitsunfall angerechnet wird.

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C.W.: Die Motivation vieler Mitarbeiter ist derzeit bedingt durch die Corona-Pandemie mäßig. Was können Unternehmen tun, um diese wieder zu erhöhen?

Ich lade ein, bewusst Bilanz zu ziehen. Dazu ist z.B. der Motivations-Check höchst geeignet.

Einerseits die beiden Fragen: „Was möchte ich?“ und „Was möchte ich nicht?“ in Kombination mit andererseits „Was habe ich?“ und „Was habe ich nicht?“

Daraus ergeben sich die beiden Zufriedenheitsfelder:
„Was habe ich UND möchte ich?“ sowie „Was habe ich nicht UND möchte ich nicht?“ Achtung: Unser Hirn belohnt spontan nur dann mit freudigen Gefühlen, wenn etwas überraschend gut bzw. besser als erwartet ist. Von daher braucht es den Perspektivenwechsel „Was würde ich schmerzlich vermissen, wenn ich es nicht mehr hätte?“ oder „Was würde mich stören, wenn es anders wäre?“, um scheinbar Selbstverständliches zu würdigen.

Sinnvoller Einsatz?

Und dann gibt es noch die beiden Kombinationen „Was habe ich UND möchte ich nicht?“ sowie „Was habe ich nicht UND möchte ich?“

Wenn das Störende in einem angemessenen Verhältnis zu dem Passenden steht, dann kann ich die Nachteile als Einsatz für die Vorzüge, die ich schätze akzeptieren.

Ansonsten gilt der Grundsatz

„Love it, change it or leave it.”

den Allen Sutter humorvoll ergänzt hat:

„Or just breathe.“

Die Zufriedenheitsdiagonale liefert die wertvolle Antwort auf die höchst berechtigte Frage „Wofür mache ich das?“, die wir uns in Motivationstiefs brennend als „Warum tue ich mir das an?“ formulieren.

Es hat sich bestens bewährt, wenn ich drauf und dran bin, alles hinzuschmeißen und aufzugeben, hat sich bewährt, dass ich mich dann darauf bessinne, warum und wofür ich begonnen habe.

C.W.: Merken Sie einen Unterschied bei Motivationsmaßnahmen bei den Generationen?

Junge Mitarbeiter:innen sind viel schwieriger mit vorgehaltenen Karotten und äußeren Anreizen zu ködern. Ihnen ist viel mehr bewusst, dass Arbeit berufliche Lebenszeit bedeutet. Ihnen ist Life-in-Balance wichtig: Balance und Lebensqualität innerhalb und zwischen den unterschiedlichen beruflichen und privaten Lebensbereichen. Der alte gesellschaftliche Dualismus „Arbeit oder Vergnügen“ hat ausgedient. Der Begriff „Amateurhaft“ hat seinen Ursprung in „amare“. Bedeutet also wörtlich zu lieben, was man tut. „Dilettantisch“ kommt von „delectare“ d.h. sich an dem zu erfreuen, was man tut. Sie sollten nicht als Gegenteil von „professionell“ abgewertet werden.

Ich stimme mit den jüngeren Menschen überein, dass sie Freude und Spaß auch in der Arbeit erleben wollen. In Karrierecoachings stelle ich den Gedanken in den Mittelpunkt:


„Wenn die Aufgaben stimmig zu deinen Gaben (= Talenten & Stärken) in Hingabe erfüllst,
dann erlebst du beglückenden Flow.“


Das ist auch das Zentrum des japanischen Konzepts des IKIGAI. Wörtlich bedeutet es: „Das wofür es sich auszahlt morgens aufzustehen.“ Weiter gefasst: „Wofür es sich zu leben und zu schaffen lohnt“. Jüngere Generationen fordern für sie sinnvolle Antworten auf diese Fragen von Unternehmen und Leadern ein.
Siehe auch „IKIGAI: Kraftquelle Sinn“

C.W.: „Man kann nicht motivieren. Man kann nur nicht demotivieren“ Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

Tatsächlich ist demotivierendes Verhalten der Führungskräfte Kündigungsgrund Nummer 1: Gemäß einer Gallup-Studie mit mehr als 1 Mio. Mitarbeitern erfolgen 75 % der Kündigungen wegen der unzulänglichen Kommunikation und mangelnden Wertschätzung der Führungskraft und nicht wegen Unzufriedenheit mit der Funktion.


Motivation ohne Kommunikation ist Illusion.


Mangelnde Kommunikation ist eine gleich 3-fache emotionale Ohrfeige:

  1. Es grenzt die uninformierten Ahnungslosen von den Eingeweihten aus,
  2. Es vermittelt „Wir trauen dir nicht zu, mit den Informationen umzugehen“ und
  3. Es signalisiert „Du bist es nicht Wert, dass wir mit dir kommunizieren.“

Vom Tauchen bin ich gewohnt: In seriösen Tauchbasen gibt es vor JEDEM Tauchgang ein Briefing: Gemeinsam wird der geplante Tauchgang besprochen, um Orientierung zu bieten. In unserer Welt der Umbrüche mit hohem Grad an Ungewissheit, sollte dem auch im Business ähnlich hoher Stellenwert beigemessen werden. Daily Standup Meetings sind dafür ein höchst geeignetes Setting. Für gemeinsames Verständnis der Ziele der Vorhaben zu sorgen, steigert nicht nur die Motivation. Es ist auch die Voraussetzung für effektives Handeln. Die Aussage von Mark Twain:

„Als wir das Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten,
verdoppelten wir die Anstrengung.“

beschreibt höchst trefflich unser Verhalten in der Stressfalle, in der der mangelnde strategische Fokus durch operative Hektik ausgeglichen wird.

C.W.: Bitte nenne uns ein konkrete Ideen, um die Motivation im Team zu erhöhen.

Durch den vermutlich bleibenden hohen Anteil an Homeoffice gehen wertvolle informelle Gespräche verloren. Unsere Kommunikationsfähigkeit hat sich evolutionär aus dem Kraulen von Primaten zur Stärkung des Rudelzusammenhalts entwickelt. Der Volksmund weiß auch noch

„Durch das Reden kommen die Menschen zusammen.“

Wenn es im Team einzelne Menschen gibt, die nicht nur Kolleg:in sind, sondern darüber hinaus auch Freund:in oder Kamerad:in, so senkt das höchst wirkungsvoll das Burnout-Risiko. „Da sind Kolleg:innen, auf die ich mich blind verlassen kann, die mich unterstützen, wenn ich Hilfe brauche.“ ist einer der mächtigsten Stressstoßdämpfer. Von daher sind jetzt Team-Events zur Förderung des gegenseitigen Vertrauens wichtiger denn je.

Ich fasse Motivation in dem Satz zusammen:


„Menschen – wollen – gemeinsam – Sinnvolles – bewirken.“

  1. Ich möchte mich als Mensch willkommen und zugehörig, wahr- und ernstgenommen fühlen. Es steckt auch in der deutschen Sprache: Menschen anzusehen steigert ihr Ansehen. Wenn man ihnen Beachtung schenkt, steigen sie in der Achtung. Wenn man ihnen zu wenig Gehör schenkt, reagieren sie unerhört.
  2. Zu viel Druck und zu enge Vorgaben verunmöglichen das Wollen und damit die Motivation. Von daher braucht es innerhalb der vorgegebenen Spieregeln auch Spielräume, in denen Mitarbeiter kreativ gestalten können.
  3. Evolutionsbedingt sind wir zu tiefst soziale Wesen. Von daher sollten wir uns wieder darauf besinnen, dass wir von Konkurrenz und nicht von Contrakurrenz sprechen, was „gemeinsames Laufen“ bedeutet. Gemeinsame Freude am Schaffen und am Geschafften sind der wirkungsvollste Motivations-Booster.
  4. Immer wieder soll uns der Purpose Orientierung und Sinn für die Handlung bieten. Und auch bei den alltäglichen Entscheidungen sollte jeweils der Hintergrund mitkommuniziert werden: „Wir machen das, um zu … „, „Wir wollen, damit …“ „Ich bitte dich, weil … „
  5. Zahnlose Tiger werden leicht depressiv. In vielen Unternehmen werden Mitarbeitern die Zähne gezogen. Die nachhaltigste motivationssteigernde Maßnahme besteht darin, die Selbstwirksamkeit der Mitarbeiter zu fördern. Unser Hirn ist gebaut um Probleme zu meistern und daraus Selbstvertrauen zu gewinnen. Der Refrain von Führungskräften sollten daher sein: „Was kannst du zur Problemlösung und Aufgabenbewältigung beitragen und welche Unterstützung brauchst du dafür von mir?“
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