Als junge Frau habe ich mir hofnärrischen Humor angeeignet, um auf diese Weise Gehör zu finden. In der Zwischenzeit habe ich die Humor-Kompetenz professionalisiert. Humor ist eine wunderbre Möglichkeit, Menschen in achtsam-respektvoller Weise einen Spiegel der Erkenntnis vorzuhalten. Mit seiner irritierenden Wirkung ist er liebevoll-verstörend. Und schafft so einen fruchtbaren Nährboden für Innovation. Herzliche Fröhlichkeit schafft auch den Lebensraum für die Service-Experience und das Service-Erlebnis der KundInnen. Lächelnd verkauft es sich einfach besser.
Christoph Wirl, Herausgeber des Magazins TRAiNiNG, hat mit mehrern Humor-ExpertInnen Interviews geführt. Ich freue mich, dass dabei auch meine würzigen Wortspenden gefragt waren. Hier das ausführliche Interview.
Warum ist Humor in der Führungsarbeit wichtig?
Eine chinesische Weisheit besagt:
„Wer nicht lächeln kann, der sollte keinen Laden eröffnen.“
Wer nicht lächeln kann, sollte überhaupt nicht mit und für Menschen arbeiten – und sollte daher auch nicht Führungskraft sein. Es gibt eine deutsche Studie, welch immensen betriebs- und volkswirtschaftlichen Schaden übellaunige Chefs ihren Unternehmen und damit auch der deutschen Volkswirtschaft bescheren. Spaß und gute Laune fördern nicht nur Kreativität und Innovationskraft sondern auch Produktivität. So entsteht spielerische Leichtigkeit. Flow nennt es der Pionier der Glücksforschung Mihaly Csikszentmihalyi. Der beste Nährboden für nachhaltig-gesunde Leistungsstärke.
Toxischer Doppelgänger Lächelstress
Aber Achtung: Es gibt auch Studien zur gesundheitlichen Beeinträchtigung durch krankmachenden Freundlichkeitsdruck und Lächelstress. Letzteres ist aufgesetzt und entspricht nicht der inneren Einstellung. Wir waren kürzlich mit einer Organisation tauchen, bei der jedes Briefing mit dem Satz endet: „And don’t forget: Dive with a smile!“. Das Motto dieses Tauchveranstalters. Auf der einen Station unserer Reise war das der running Gag, der die Fröhlichkeit der Dive Guides untermauert hat und jedes Mal herzliches Lachen ausgelöst hat. Auf der nächsten war es eine Pflichtübung, die dementsprechend auch nicht die erwünschte Wirkung erzielt hat. Auf der dritten Basis dieser Tauchkette war wieder die gelebte Fröhlichkeit zu spüren. Und damit auch die Hilfsbereitschaft und Service-Orientierung. Humor und Spaß sind ansteckend. Raten Sie einmal, wo uns das Tauchen mehr Freude bereitet hat, wo wir uns als Kunden wohler gefühlt haben und wo wir das nächste Mal wieder hinfahren werden.
Vorbild bewirkt viel mehr als Vorschrift
Der Unterschied lag maßgeblich in der Vorbildwirkung der jeweiligen Führungskraft. Humor lässt sich nicht verordnen. Und man kann es nicht vortäuschen – auch nicht auf Theaterbühnen. Wenn ich es nicht selbst im Hier und Jetzt witzig finde, kann ich es auch nicht witzig vermitteln.
„You go first.“
gilt ganz besonders bei Fröhlichkeit. Ich kann nur etwas versprühen, was in mir selbst den Ursprung hat.
Spaß und Humor ist nicht nur eine Fundgrube für Innovation und Kreativität sondern auch für Service- und KundInnenorientierung. Das ist sehr altes Wissen:
„In Fröhlichkeit den Menschen dienen.“
ist seit der Ordensgründung das Leitprinzip der Elisabethinen. Und der Benediktinerpater Anselm Grün mahnt:
„Wer sich Lust verbietet, dem stößt das Leben sauer auf.“
Verliert eine Führungskraft dadurch nicht an Glaubwürdigkeit und Seriosität?
William Shakespeare bringt es auf den Punkt:
„Um ernst zu sein, genügt Dummheit, während zur Heiterkeit ein großer Verstand unerlässlich ist.“
Nicht umsonst geht der Begriff „Witz“ auf die Sprachwurzel von „Weisheit“ zurück. Sinn für Humor macht Führungskräfte zutiefst menschlich und damit nahbar. Humor wäre kontraproduktiv, wenn Führungskräfte mit Angst und Druck führen wollten. Für das Führen mit Vertrauen ist Heiterkeit hingegen höchst förderlich. Ganz besonders gilt das dann, wenn man auch über sich selbst und die eigenen Hoppalas lachen kann. Es ist eine Form des Vertrauen-Schenkens, was einen Verpflichtungssog erzeugt. Schließlich wollen die Anderen gewonnenes Vertrauen nicht wieder verlieren.
In der Diktion von Bertolt Brecht hat jede Geschichte ein Thema und eine Fabel. Das Thema ist die Botschaft. Das worum es geht. Die Fabel hingegen ist die Handlung. Das was geschieht. Humorvolle Geschichten sind eine höchst wirkungsvolle Verpackung gerade auch für ernste Themen. Darum appelliere ich:
„Wir sollten Humor viel ernster nehmen.“
Damit das funktionieren kann, braucht es Stimmigkeit. Diese beruht auf drei Säulen:
- Authentizität
- Rollenklarheit
- daraus resultierend: Angemessenheit in Bezug auf die Situation
Bei mir hat es sich ergeben, dass ich mit einer Kundin gemeinsam auf Tauchreise war. Egal ob im Business Dress oder im Bade- bzw. Tauchanzug, bin ich ich. Als Tauchkollegin sind jedoch andere Gesprächs- und Humorformen angemessen als in der Rolle als Auftragnehmerin und Trainerin.
Ein paar konkrete Beispiele, die Führungskräfte sofort umsetzen können
- Schärfen Sie Ihre Wahrnehmung und sammeln Sie die Pointen, die das Leben Ihnen vor Augen führt. Witzig finden wir, was überraschende Wendungen nimmt, Groteskes und Widersprüchliches in unserer Wahrnehmung. So wie mein Mann und ich auf dem Beitragsfoto mit Doppeldeutigkeit spielen: Daumen nach oben bedeutet ober Wasser Gutes. Beim Tauchen bevorzugen wir den Daumen nach unten, denn es verheißt uns das o.k. zum Abtauchen.
- Erkennen Sie gerade auch in Pannen die lustigen Aspekte. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir gerade diese in geselligen Runden gerne zum Besten geben und damit heiteres Lachen bewirken? Bei uns gilt daher der Grundsatz:
„Irgendwann finden wir es lustig, dann können wir doch gleich darüber lachen.“ - Nehmen Sie den emotionalen Wind aus den Segeln, indem Sie über sich selbst, Ihr Schwächen und Marotten, Irrtümer und Fehler lachen. Dann brauchen es Ihre Mitarbeiter nicht hinter Ihrem Rücken tun. Das ist die hohe Schule des Humors und spricht für Ihre Souveränität. Übrigens es gibt schulmedizinische Studien, dass Menschen mit Marotten länger, glücklicher und gesünder leben.
- Legen Sie einen Nährboden für kultiviertes, geistreiches Blödeln: im Humor sind wir so kreativ. Und unter vielen „Schnapsideen“ lassen sich immer wieder Innovationsansätze finden.
- Nutzen Sie Gegensätzliches als Quelle von Humor, Kreativität und Spannung. Als Physikerin weiß ich: Spannung ist Potentialdifferenz – und wenn der Widerstand passt, dann fließt Strom und entsteht elektrische Leistung. Das darf auch absurd sein: Wenn unser Unternehmen eine Baumgruppe wäre, dann … Ich als Fledermaus würde … Wären wir jetzt einsam auf dem Mond, dann würden wir … Johann Wolfgang von Goethe hat schon gewusst: „Das Gleiche lässt uns in Ruhe, der Widerspruch ist es, der uns kreativ macht.“ Pointen entstehen aus überraschenden Wendungen. Beginnen Sie daher mit Vertrautem und seien Sie dann liebevoll verstörend.
- Kultivieren Sie Wortwitz. Viele Begriffe haben mehrere Bedeutungen. „Ich habe mein Leben überdacht, jetzt regnet es nicht mehr herein.“ Irritierendes löst Nachdenken aus. Und tatsächlich hilft Reflexionsfähigkeit, um kritische Situationen zu meistern. „Je größer der Dachschaden, desto besser der Blick auf den Sternenhimmel.“ steht dazu nur vordergründig im Widerspruch. Etablieren Sie am besten ein Schiebedach, dass Sie bei Schönwetter öffnen können und Sie bei Schlechtwetter schützt. „Assoziieren Sie sich mit Erfreulichem und dissoziieren Sie sich von Unerfreulichem“ heißt das in der Fachsprache.
- Achten Sie darauf, dass auch im Humor Respekt und Wertschätzung gewahrt bleiben. Sarkasmus und Zynismus sind giftige Formen des Humors. Über andere zu lachen ein No-go. Der Volksmund weiß: „Durch jeden Witz pfeift ein Hauch von Wahrheit.“ Die im Witz vermittelte Botschaft und Werte sollten kompatibel zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Führungsrolle sein.
Wir sollten Humor viel ernster nehmen!
Meine Antwort auf die Frage im Titel des Humor- Artikels „Lustig oder seriös – ein Widerspruch?“ im Magazin TRAiNiNG, den Sie hier lesen können.