Christoph Wirl, Herausgeber des Magazins TRAiNiNG, hat mich als Experting für seinen Artikel
„Führen mit Humor“
befragt. Im Kern mein Appell:
„Lasst uns Humor viel ernster nehmen & gescheit blödeln. Denn mit Lachen können wir uns im Flow hinein-steigern und aus Unerfreulichem hinaus-schütteln“
Was bedeutet es mit Humor zu führen?
Führen mit Humor braucht und fördert Leadership kraft authentischer Persönlichkeit und Vertrauen. Allerdings Achtung: Manipulieren heißt, den anderen so schnell über den Tisch zu ziehen, dass er Reibungswärme mit Nestwärme verwechselt. Wenn wir das im Nachhinein erkennen, ist das wertvollste Kapital zerschlagen: unsere Glaubwürdigkeit.
Über Situationen – und in der hohen Schule des Humors auch über sich selbst – schmunzeln zu können, macht uns menschlich. Im Humor spiegeln sich in markanter Weise unsere Denkmuster. Von daher unterstreicht es unsere Authentizität und damit unser Charisma. Schon Sokrates hat gemeint:
„Nichts charakterisiert Menschen mehr, als was sie lächerlich finden.“
Vera Birkenbihl hat in diesem Sinne ihr Buch zur Gelotologie, der Wissenschaft des Lachens betitelt: „An Ihrem Lachen soll man Sie erkennen“.
Die deutsche Sprache ist so aussagekräftig: wenn wir uns nicht aalglatt, sondern mit Ecken und Kanten zeigen, dann können uns andere begreifen und Vertrauen fassen.
Es ist auch klug, mit Humor und Witz zu führen. Letzteres sollte man nicht mit plumpen Witzen verwechseln. Vielmehr ist es im Sinne seiner Sprachwurzeln Wissen und Weisheit zu verstehen.
Dazu William Shakespeare:
„Um ernst zu sein, genügt Dummheit, während zur Heiterkeit ein großer Verstand unerlässlich ist.“
Es braucht kreatives, wendiges Denken, um humorvoll agieren zu können. Umgekehrt fördert Humor die Kreativität & Innovationskraft.
Mit Wortwitz können wir Inhalte einprägsam vermitteln. Auch hier verraten die deutschen Begriffe weise Zusammenhänge: Merkwürdiges bewertet unser Hirn als würdig, es sich zu merken.
Viele Mitarbeiter und Führungskräfte haben in der Corona-Krise wenig zu lachen.
Wie gelingt es dennoch mit Humor zu führen?
Humor ermöglicht beides: Sich-hinein-Steigern im positivem Flow und Sich-hinaus-Schütteln aus Angst und Lähmung. Evolutionspsychologen gehen davon aus, dass sich unsere Fähigkeit des Lachens schon bei unseren Verwandten den Menschenaffen als Stressventil bewährt hat. Viktor Frankl hat die heilsame Wirkung des Humors bewusst genutzt: In den Schrecken des Konzentrationslagers hat er bewusst darauf geachtet, dass die Menschen zwischendurch immer wieder etwas zum Lachen fanden. Humorvolle Sichtweisen helfen uns, zu Ärgernissen und Schrecklichem soweit auf Distanz zugehen, dass wir sie in anderem Kontext betrachten können. Auch in scheinbar ausweglosen Situationen zeigen sich dann Lösungsmöglichkeiten. Gescheites Blödeln macht so kreativ. Es ist der beste Nährboden für Innovation.
Charles Dickens stellt die rhetorische Frage:
„Gibt es schließlich eine bessere Form mit dem Leben fertig zu werden,
als mit Liebe und Humor?“
Tatsächlich braucht es beides: Menschen empathisch mit ihren Sorgen und Nöten ernst nehmen UND in wertschätzend-humorvoller Weise kritische Situationen entkatastrophisieren. Wenn wir einen Sinn für die Pointen des Lebens entwickeln, meistern wir auch heftige Herausforderungen mit souveräner Leichtigkeit. Diese ist lebenswichtig, gerade in grimmigen Zeiten.
„Wie werde ich in einiger Zeit auf diese Episode blicken?“ oder „So eine unglaubliche Geschichte. Wem könnte ich sie erzählen?“ sind für mich stressmindernde Gedanken, die meist in der Erkenntnis münden: „Irgendwann finden wir es lustig, dann können wir auch gleich darüber lachen.“
Woody Allen bringt das in einem seiner Filme auf die Formel
„Komödie ist Tragödie plus Zeit“
Ist Humor eine universelle Methode im Umgang mit Menschen?
Humor und Heiterkeit sind Lebenseinstellung: nämlich die Bereitschaft, Dinge auch anders als gewohnt zu betrachten. Der Begründer der provokativen Psychotherapie Frank Farrelly:
„Wer erfolgreich mit Humor arbeitet, der ist in der Lage im Leben
das Tragische, Lustige und Absurde zu sehen und zu schätzen.“
Aus Pferdemist wird Rosendünger. Allerdings nur, wenn man ihn zunächst lagert und Säure abbauen lässt. Pferdemist durch die rosarote Brille zu betrachten, ist hingegen kontraproduktive Realitätsverweigerung. Guter Humor wirkt wie ein Vergrößerungsspiegel, der uns in karikierender Überzeichnung Erkenntnisse vor Augen führt. Der Volksmund weiß:
„Durch jeden Witz pfeift ein Hauch von Wahrheit.“
Mit dieser gilt es achtsam umzugehen.
Pointen zu teilen, sind in Teams identitätsstiftende Insider. Gemeinsam zu lachen schafft Verbundenheit und Nähe. Es ist sehr hilfreich, um Vorurteile gegenüber anderen zu überwinden. Ich selbst bin z.B. als Tochter des Sonderschuldirektors schon im Vorschulalter mit Schülern mit Downsyndrom in den Zirkus gegangen. Wir haben über die gleichen Situationen gestaunt und gelacht. So unterschiedlich unsere Lebenswelten waren, hat das Freundschaften ermöglicht. Das hat mich nachhaltig geprägt.
Was ist Humor im Vergleich zu Lachen?
Gelotopoioi haben die Lachenmacher in der helenistischen Kultur geheißen. Vorläufer des Lach-Yogas, bei dem man mit lustigen Übungen Lachanfälle auslöst. Wenn wir uns vor Lachen zerkugeln, dann deshalb, weil sich die Muskeln so entspannen, dass wir nicht mehr aufrecht sitzen oder stehen können. Außerdem massiert dabei unser vibrierendes Zwerchfeld unsere inneren Organe. Darin besteht die stressmindernde und gesundheitsfördernde Wirkung des Lachens. Als ergänzendes Angebot im Rahmen der betrielichen Gesundheitsförderung ist dies empfehlenswert.
Im Führungsalltag empfehle ich, den geistreichen Humor zu kultivieren, der häufig in einem herzhaften Lachen mündet. Ein feines Schmunzeln bei sich selbst oder anderes wirkt auch schon kreativitätsfördernd. Es wirkt peinlich, wenn sich Schauspieler auf der Bühne anbiedern und um die Gunst des Publikums buhlen. Wenn sie selbst beim Spielen Spaß haben, überträgt sich dieser und bewirkt dann in Folge Erheiterung und Lachen der Zusehenden. Wenn wir krampfhaft witzig sein wollen, machen wir uns zur lächerlichen Witzfigur. Erfolg ist die Folge von unserem engagierten, zielgerichteten Handeln. Wir können ihn nicht direkt anstreben. Er ergibt sich, wenn unsere Strategien aufgehen. Pointen gehen auf, wenn wir hellwach im Hier und Jetzt in kreativem Austausch mit den anderen sind. Im Sinne von Heinrich Böll:
„Ich bin ein Clown und sammle Augenblicke“
Führen mit Humor von Christoph Wirl, Herausgeber des Magazins TRAiNiNG
Gerade in Krisenzeiten ist ein humorvoller Führungsstil wichtig, um Mitarbeiter optimistisch und motiviert bei Laune zu halten.
Führung mit Humor ist weit mehr als Witze erzählen und »Blödsinn machen«. Es geht um wertschätzende Kommunikation und eine positive Einstellung zum Leben. TRAiNiNG hat zwei Expertinnen zu diesem Thema befragt. weiterlesen