Humor im Business
Humor ist für mich einer der wesentlichsten Lebensbegleiter. In meinem Hinterkopf haben 2 Zitate von Karl Valentin einen fixen Platz:
„Jedes Ding hat 3 Seiten: die negative, die positive und die komische.“
Und:
„Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.“
Das kombiniere ich mit Erich Kästner:
„Humor ist der Regenschirm der Weisen.“
Humorvoll verpackt sind die Stöße des Lebens etwas gepuffert. Mit diesem „Stoßdämpfer“ können wir Botschaften viel leichter nehmen. Und genau deshalb bietet Humor so mächtige Interventionsmöglichkeiten: Denkanstöße in hofnärrischer Klugheit mit treffendem Witz erzeugen Nachdenklichkeit. Das öffnet Augen und erschließt neue Sichtweisen und Perspektiven. Im launischen, geistreichen Blödeln werden wir so unglaublich kreativ.
Das Erfolgs-Dreieck als Fundament
Entscheidend ist dabei das Fundament. Ich nenne es das Erfolgs-Trio:
1. Ja zu mir: Ich habe eine gute Standfestigkeit.
2. Ja zum Gegenüber: Ich empfinde Respekt und Wertschätzung für die anderen. Und ganz entscheidend:
3. Ja zu dem, was ich sage. Für mich ist es stimmig, auch humorig, launisch, frech eine Aussage zu tätigen. Das Fundament ist für Humor noch wichtiger als für andere Kommunikationsformen, weil wir uns witzig verpackt noch viel weiter aus dem Fenster lehnen. Das ist genau die höchst nützliche Macht der komischen Seite des Lebens. Ich habe einem jungen Mann, der seit seiner Kindheit stottert und der sich jetzt künstlerisch mit dem Thema auseinandersetzt, einen Witz übers Stottern erzählt. Das ist eine Zumutung! Und damit die Kehrseite des Zutrauens. Daher braucht Humor eine Vertrauensbasis.
Achtsamer Umgang mit Humor
Der Volksmund weiß:
„Durch jeden Witz pfeift ein Hauch von Wahrheit.“
Humor spitzt die Aussagen sehr zu. Von daher gilt es achtsam damit umzugehen, welche Botschaften und Werte eine Pointe adressiert. Im Falle des Witzes über das Stottern ist es die Aussage, dass jemand eine vermeintliche Schwäche und Unfähigkeit in eine erfolgreiche Verkaufsstrategie umpolt.
Besonders klug ist es, über sich selbst lachen zu können. Das geht nur in der Souveränität 2. Ordnung. Souverän 1.0 wollen wir perfekt sein und makellos funktionieren. Souverän 2.0 machen uns Ecken und Kanten, Fehler und Pannen menschlich greifbar. Es fällt mir doch kein Stein aus der Krone, wenn ich meinen MitarbeiterInnen – in meinem Fall TeilnehmerInnen – erzähle, dass ich irrtümlich eine Radtour für sportliche Radfahrer gebucht habe und erst am Ende des 1. Tages, völlig erschöpft im Bett liegend, bemerkt habe.
Klassisch waren im Theater und in der Führung Helden gefragt. Doch die sind aalglatt und bieten von daher wenig Projektionsfläche. Protagonisten mit herausragenden Stärken, liebenswürdigen „Schwächen“, inneren Konflikten, Zweifeln und Versuchungen bieten viel mehr Identifikationsmöglichkeit und damit Orientierung. Sie sind berührender, packender, mitreißender. Humor ist eine mächtige Inspirationsquelle, die gerade in Veränderungsprozessen außerordentlich mächtig ist.
Humor zum Entkatastrophisieren
Es gibt die chinesische Weisheit:
„Angst klopft an. Vertrauen öffnet die Tür. Keiner da.“
Vertrauen als Basis und darauf aufbauend Humor als Ventil. Wir alle kennen das befreiende Lachen von Kindern in brenzligen, spannungsgeladenen Situationen. Lachyoga ist keine Erfindung der Neuzeit. In Ägypten gab es ein Gebet an den Sonnengott Ra: Deine Priester waschen ihre Herzen durch Lachen. In manchen katholischen Pfarren wird die Tradition des Fastenlachens aus der Barockzeit noch kultiviert.
Humor kultivieren
Humor ist uns zum Glück in die Wiege gelegt. Bei vielen von uns ist er verschüttet, weil wir in Bildungseinrichtungen und auch im beruflichen Umfeld vermittelt bekommen habe, dass Spaß nicht zu Seriosität und Ernsthaftigkeit passt. Der Lustmodus ist der ideale Lernzustand und erschließt uns nachhaltig-gesunde High Performance.
„Weißt du noch, wer du warst, bevor dir die Welt erzählt hat, wer du sein sollst?“
zählt zu meinen Lieblings-Sicker-Fragen. Wie Sickerwitze klingt es nach und entfaltet es Wirkung. Mein Appell: Wir sollten Humor viel ernster nehmen! In Achtsamkeit kultivieren.
Ich bin sehr vorsichtig mit der Kategorisierung „humorlose Menschen“, nur weil Menschen MEINEN oder den gängigen Humor nicht lustig finden.
Das höchst empfehlenswerte Humor-Buch von Vera Birkenbihl trägt den Titel
„An Ihrem Lachen soll man Sie erkennen.“
Damit nimmt sie Bezug auf das Zitat von Sokrates:
„Nichts charakterisiert Menschen mehr, als was sie lächerlich finden.“
Humor ist so wie auch Glück, Erfüllung, Entspannung … ein Maßanzug.
Humor als wirkungsvolle Intervention
P.S. und das ist der Stotter-Witz, den wir in dieser Weise in unser Buch „Tauchen im Ozean des Lebens“ aufgenommen haben, um zu verdeutlichen, wie hinter mancher vordergründigen Schwäche eine Begabung stecken kann:
Ein stotternder Mensch bewirbt sich bei einem christlichen Verlag. Er braucht mehrere Anläufe um sich verständlich zu machen: „Ich möchte gerne Bibel verkaufen.“ Der Geschäftsführer denkt sich: „Ich fördere gerne Menschen mit Handicaps, doch gerade im Verkauf sollte man eloquent sein. Von Nächstenliebe geprägt überreicht er ihm dennoch eine Bibel zum Verkauf.“ Nach einer halben Stunde ist der Stotterer wieder zurück und berichtet freudestrahlend: „BiBiBibel verkaukaukauft.“ Der Geschäftsführer wundert sich und gibt ihm jetzt 5 Bibeln. Nach zwei Stunden meldet der Stotterer wieder stolz: „BiBiBibeln verkaukaukauft.“ Jetzt will es der Verleger wissen und überantwortet ihm 100 Bibeln. Am nächsten Tag zu Mittag ist der Stotterer zurück. „Alle huhuhundert BiBiBibeln verkaukaukauft.“ Der Geschäftsführer neugierig: „Wie machen Sie das. Es hat noch nie wer in so kurzer Zeit so viele Bibeln verkauft.“ Der erfolgreiche Verkäufer antwortet: „Gaaanz eieinfach. Ich klikliklingle und dann sasage ich: ‚Wollen Sie eine BiBiBibel kaukaukaufen oder soll ich Ihnen vorvorlesen?‘“
Ursprünglicher Anlass für diese Verschriftlichung meiner Gedanken war ein Interview, das Christoph Wirl, Herausgeber vom Magazin Training zu seinem Artikel „Wer lacht, führt und hat Macht“ im Mai 2017 mit mir geführt hat.